Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen, Hannover
Georg-August-Universität, Göttingen
Die Begehung von Straftaten ist bei Jugendlichen ein recht weit verbreitetes, typischerweise aber vorübergehendes und weniger schwerwiegendes Verhalten. Zudem wird
straffälliges Verhalten nicht von allen Jugendlichen in gleichem
Ausmaß gezeigt. Während die weit überwiegenden sporadischen Formen auch ohne formelle Reaktion mit fortschreitendem Alter in der Regel verschwinden, entwickeln einige Jugendliche
intensivere und schwerwiegendere Formen der
Kriminalität. Zudem besteht bei dieser Gruppe auch die Gefahr der Verstetigung des kriminellen Verhaltens.
Der Vortrag erläutert diese verschiedenen Entwicklungsverläufe und ihre Bedingungen und Hintergründe. Aus der Analyse der kriminalitätsbegünstigenden und –hemmenden Faktoren lassen
sich zahlreiche Ansatzpunkte für die Prävention
und Intervention bei einem drohenden Abgleiten in eine kriminelle Karriere ziehen. Der Vortrag untersucht auch, inwieweit gängige Präventionsprogramme und polizeiliche Maßnahmen zum
Umgang mit Mehrfachtatverdächtigen hier Erfolge erzielen und gibt Empfehlungen für die zukünftige Praxis.
Prof. Dr. Thomas Bliesener
Studium der Psychologie, Soziologie, Betriebswirtschaftslehre und Rechtswissenschaften in Bielefeld.
Zertifizierter Fachpsychologe für Rechtspsychologie Lehrstuhl an der Uni Göttingen.
Schwerpunkte in der Forschung
Seit 2015 Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachen in Hannover.
Das KFN wurde im Jahr 1979 von dem damaligen Niedersächsischen Justizminister Prof. Dr. Hans-Dieter Schwind als unabhängiges,
interdisziplinär arbeitendes Forschungsinstitut gegründet. Es hat die Aufgabe, als selbstständige Forschungseinrichtung praxisorientierte kriminologische Forschung zu betreiben und zu fördern. Das
Institut arbeitet im Rahmen eines Kooperationsvertrages eng mit der Universität Göttingen zusammen.
Das KFN ist ein unabhängiges und interdisziplinäres Forschungsinstitut, das sich der Erforschung von abweichendem Verhalten widmet. Das
Forschungsteam besteht derzeit aus etwa 25 Wissenschaftlerinnern und Wissenschaftlern der Fachrichtungen Psychologie, Sozial- und Rechtswissenschaften. Seit 2017 ist das KFN in fünf
Forschungseinheiten gegliedert.
Prof. Bliesner leitet die Forschungseinheit Soziale Kontrolle und Sanktionierung
Gegenstand der Forschungseinheit Soziale Kontrolle und Sanktionierung ist die Aufgabenstellung und Praxis der judikativen und exekutiven
Institutionen der Rechtspflege, insbesondere Gerichte, Staatsanwaltschaften, Polizei und Justizbehörden, sowie der institutionalisierten sozialen Kontrolle (Kinder- und Jugendhilfe) und der
forensischen Einrichtungen (Maßregelvollzug). Die Forschungseinheit knüpft mit Untersuchungen im Forschungsfeld der Polizei und des Strafvollzuges an frühere Forschungstraditionen des KFN
an.
Kriminalitätsphänomene unterliegen einem stetigen Wandel. Gesellschaftliche Entwicklungen und Wertewandel führen zu Veränderungen des
juristischen Sanktionskatalogs. Einzelne Normverletzungen verlieren ihren Status als Straftat und werden zur Ordnungswidrigkeit herabgestuft oder ganz aus dem Sanktionskatalog gestrichen, in anderen
Verhaltensbereichen entwickeln sich neue Grenzsetzungen und neue Straftatbestände werden kodifiziert. Insbesondere die zunehmende Technisierung der Gesellschaft begünstigen aber auch ganz neue
Verhaltensformen, die als grenzverletzend erlebt werden und normativ geregelt werden müssen (z.B. Übergriffe im virtuellen Raum wie z.B. Cyberstalking). Andere neue Normverletzungen sind dagegen
dadurch charakterisiert, dass sie sich technische Neuerungen zunutze machen, um einen unzulässigen Vorteil zu generieren (z.B. Phishing-Angriffe, Warenbetrug im Internet). Die gesellschaftliche
Diskussion solcher neuen Deliktformen und insbesondere die Reaktion der Strafverfolgungsbehörden auf diese Delikte bedarf einer gründlichen wissenschaftlichen Analyse der Entstehungsbedingungen und
Hintergründe, der Täter und Opfer, aber auch der individuellen und gesellschaftlichen Folgen. Dem entsprechend adressiert die Forschungseinheit Delikte und Deliktfolgen schwerpunktmäßig
gesellschaftlich bedeutsame Kriminalitätsphänomene in ihren Ausprägungen, Formen und Folgen.